Einführung
Als Instandhaltungs-Fachkräfte müssen wir sicherstellen, dass die Anlagen, für die wir verantwortlich sind, zuverlässig laufen und zweckmäßig funktionieren. Ziel ist es, das Instandhaltungskonzept in Richtung vorausschauende Instandhaltung zu bewegen, statt ausschließlich reaktive Instandhaltung zu betreiben, wenn eine Maschine ausfällt. Ein robustes, proaktives Instandhaltungsprogramm trägt nachweislich dazu bei die Anlagenverfügbarkeit zu erhöhen und die Produktqualität zu verbessern.
Instandhaltungs-Fachkräften steht eine breite Palette an Werkzeugen zur Verfügung, um den Zustand einer Anlage zu bestimmen. Vergleichbar mit einem Arzt, der ein Stethoskop nutzt um den Herzschlag seines Patienten abzuhören oder ein Thermometer um dessen Körpertemperatur festzustellen, nutzen Instandhaltungs-Fachkräfte diverse Instrumente der Zustandsüberwachung um den Zustand einer mechanischen Anlage festzustellen.
Wie funktioniert Ultraschall?
Rotierende Anlagen, die meisten Leckagen und elektrische Entladung – all dies produziert eine Bandbreite an hochfrequentem Schall. Ultraschall-Messinstrumente „hören“ und empfangen diese hochfrequenten Schallwellen. Hochfrequenter Schall ist für Menschen nicht hörbar. Das menschliche Gehör kann in der Regel Frequenzen zwischen 20 Hz und 20 kHz wahrnehmen, wobei die Grenze im Durchschnitt bei 16,5 kHz liegt. Benutzt man ein Ultraschall-Messgerät mit Frequenzeinstellung, beginnt dieser Einstellungsbereich bei 20 kHz, bei einem Messgerät ohne Frequenzeinstellung befindet sich die Frequenz in der Regel bei 38 kHz. Als Ergebnis kann man mithilfe des Ultraschall-Messgerätes Geräusche wahrnehmen, die außerhalb des für Menschen hörbaren Bereichs liegen.
Von Natur aus sind hochfrequente Schallwellen kurzwellig – dementsprechend haben sie nicht viel Energie und breiten sich nicht weit von ihrer Quelle aus. Dies vereinfacht es dem Nutzer der Ultraschall Messtechnik, den Ort einer Leckage oder einem mechanischen Problem, exakt zu bestimmen. Im Bereich der Instandhaltung gibt es drei verschiedene Quellen von Ultraschall:
- Turbulenzen in Druckluft- und Gassystemen durch Leckagen, Vakuumleckagen sowie Undichtigkeiten in Ventilen oder Kondensatabscheidern.
- Reibung, welche z.B. durch mangelnde Schmierung eines Wälzlagers erzeugt wird. Ebenfalls steigen die Reibungsgeräusche an, sobald ein Lager erste Verschleißerscheinungen zeigt. Mithilfe von Ultraschall kann sogar festgestellt werden, ob der Schaden im Innen- Außenring, im Käfig oder den Rollenkörpern liegt.
- Ionisierung die durch Anomalien in elektrischen Anlagen auftreten kann, wie z.B. Korona, Teilentladungen sowie Lichtbögen.
Ultraschall-Messgeräte geben uns sowohl qualitative als auch quantitative Informationen. Qualitative Informationen sind in diesem Fall das Geräusch, welches wir über die Kopfhörer hören können, sowie der angezeigte dB Wert im Display. Bei einigen Messgeräten hat man die Möglichkeit sich die Spektral– (FFT-) oder Zeitserienansicht anzusehen bzw. die Geräuschdatei für eine genauere Analyse zu speichern. Durch die Diagnosemöglichkeiten der Spektral- (FFT-) und Zeitserienansicht kann man zwischen mechanischer Beschädigung und Schmiermangel unterscheiden. Benutzt man Ultraschall-Messgeräte an elektrischen Systemen ist mithilfe der Spektral- (FFT-) und Zeitserienansicht eine Unterscheidung zwischen Korona, Teilentladungen und Lichtbögen möglich und kann diese ggf. mit älteren Geräuschaufnahmen vergleichen.
Wälzlagerinspektion mit Ultraschall
Lange Zeit war die Vibrationsanalyse das Werkzeug der Wahl um Wälzlager und rotierendes Equipment zu überprüfen. In der Regel wird Ultraschall in Kombination mit der Vibrationsanalyse genutzt um den Zustand mechanischer Systeme zu bestimmen. Durch ihre Vielseitigkeit kann die Ultraschalltechnologie dort eingesetzt werden, wo noch keine flächendeckende Vibrationsanalyse implementiert wurde, um frühzeitig Lagerschäden und andere Probleme zu erkennen. Wenn die Vibrationsanalyse vierteljährlich oder monatlich durch externe Dienstleister durchgeführt wird, kann Ultraschall zwischen den Intervallen eingesetzt werden. Hierdurch ist dann eine Priorisierung möglich, wodurch die Zeit des Dienstleisters effektiver genutzt werden kann. Eine weitere Möglichkeit Ultraschall statt Vibrationsanalyse zu nutzen, ist die Überwachung von langsam drehenden Wälzlagern.
Langsam drehende Wälzlager mit Ultraschall zu überwachen ist tatsächlich einfacher als man denken würde. Da die meisten hochwertigen Ultraschall-Messgeräte sehr empfindlich sind und man die Möglichkeit der Frequenzeinstellung hat, ist der Zustand eines Wälzlagers sehr einfach zu hören, besonders bei sehr niedriger Drehzahl. Sehr langsam drehende Wälzlager (unter 25 U/min) produzieren so gut wie keinen Ultraschall. In diesem Fall ist es wichtig, sich nicht nur das Lager anzuhören, sondern zusätzlich die Geräuschaufnahme in der Spektral-Analyse-Software zu analysieren. Sofern ein „Knacken“ oder „Kratzen“ auftritt, kann man dies in der Spektral- (FFT-) oder Zeitserienansicht sehen. Bei Wälzlagern über 25 U/min kann man einen dB-Wert als Referenzwert festlegen und die Werte mit der Zeit vergleichen.
Um das Optimum aus einem Ultraschall-Programm herauszuholen, ist es am Besten Routen zur Datensammlung zu erstellen. Durch diese Maßnahme können Instandhalter Referenzwerte setzen, sowie Alarmlevel für den Lagerzustand festlegen. Diese Herangehensweise nennt man Trenddarstellung. Mit dieser Methode wird zuerst in der Software eine Route von Messpunkten erstellt, welche dann in das Messgerät geladen wird. Während der ersten Datensammlung, welche zur Erstellung der Referenzlinien dient, sollte der Instandhalter die dB-Werte, sowie die Geräuschaufnahmen speichern. Sobald die Referenzwerte festgelegt wurden, könne Alarmwerte eingestellt werden. Für den Großteil aller Wälzlager gilt ein Anstieg des dB-Wertes um 8 dB als Mangel an Schmiermittel. Ein Anstieg um 16 dB über der Referenzlinie bedeutet, daß das Lager bereits eine Beschädigung aufweist. Für langsam drehende Lager gilt: Die Alarmlevel müssen unter Umständen angepasst werden, da diese Lager geringeren Ultraschall produzieren als Lager mit höheren Drehzahlen. Das bedeutet, daß bei langsam drehenden Lagern die Alarmlevel entsprechend des ursprünglichen Verlaufs des dB Wertes eingestellt werden.
Sobald die Referenzlinien und Alarmlevel eingestellt sind, ist es nur noch erforderlich die dB Werte zu speichern. Von diesem Zeitpunkt an sind Geräuschaufnahmen nur noch dann notwendig, wenn der Messpunkt seinen Alarmwert erreicht hat. Diese Geräuschaufnahme kann dann zur genaueren Analyse mit der ursprünglichen Geräuschaufnahme verglichen werden. In der Spektral-Analyse Software hat der Techniker dann die Möglichkeit entweder die aktuelle Geräuschaufnahme mit der aus der Referenzlinie zu vergleichen, oder er kann bis zu vier identische Wälzlager von vier identischen Maschinen miteinander vergleichen um Unterschiede nachzuweisen, indem er die Spektralkurven übereinanderlegt.
Ultraschall-assistierte Schmierung
Studien haben gezeigt, dass die meisten vorzeitigen Lagerausfälle auf fehlerhafte Schmierung zurückzuführen sind. Ultraschall kann genutzt werden um Über – und Unterschmierung zu vermeiden. Zusätzlich kann man von der zeitbasierten Schmierung auf zustandsbasierte Schmierung umstellen.
Das Konzept ist simpel: Es basiert auf Reibung. Wenn ein Lager Schmierung benötigt, äußert sich dies in einem Anstieg des dB-Werts. Um den Schmierungsbedarf eines Lagers festzustellen, ist es notwendig während des Schmiervorgangs das Lager „anzuhören“. Fällt der dB-Wert während des Schmiervorgangs, im Besten Fall bis zum Referenzwert, ab, war die Schmierung notwendig. Beim Erreichen des Referenzwertes darf dann kein Schmiermittel mehr zugeführt werden. Wenn einem bereits ausreichend geschmierten Lager weiteres Schmiermittel zugeführt wird, macht sich dies in einem Anstieg des dB-Werts bemerkbar, da die Reibung im Lager wieder steigt. In diesem Falle sollte der Schmiervorgang sofort abgebrochen werden, um einen Anstieg des Drucks und damit einer erhöhten Reibung im Lager vorzubeugen. Wenn keinerlei Veränderung des dB-Werts während des Schmiervorgangs festgestellt werden kann, sollte eine nachfolgende Analyse erfolgen. Entweder durch eine Geräuschaufnahme und Spektralanalyse oder durch eine ergänzende Vibrationsanalyse. Weist das Wälzlager bereits physikalische Beschädigungen auf, so werden nahezu keine Veränderungen des dB-Werts während der Schmierung festzustellen sein.
Fazit
Luft- und Körperschalldiagnose mit Ultraschall-Messgeräten ist eine essentielle Technologie für jedes Instandhaltungs- und Zuverlässigkeitsprogramm. Durch seine Sensitivität und die Fähigkeit geringste Abweichungen des, von rotierenden Maschinen, produzierten Ultraschalls zu detektieren, ist die Ultraschallmesstechnik ideal geeignet um frühzeitigen Lagerschäden, sowie Schmierungsproblemen vorzubeugen. Durch die Umwandlung von hochfrequenten Geräuschen in hörbare Geräusche, ermöglichen diese Messgeräte dem Benutzer Probleme an Wälzlagern zu hören, zu sehen und zu diagnostizieren. Mithilfe der Ultraschall-unterstützen Schmierung, können Standzeiten von Wälzlagern und Maschinen verlängert werden, sowie Ausfälle aufgrund von Über- und Unterschmierung eliminiert werden. Weitere Vorteile der Ultraschalltechnologie sind:
- Hochfrequenter Schall ist linear und dadurch könne Probleme leicht lokalisiert werden.
- Die Lernkurve um Ultraschall effektiv anwenden zu können ist im Vergleich zu anderen Technologien vergleichsweise flach.
- Ultraschall erkennt die Frühzeichen eines entstehenden mechanischen Schadens.
- Ultraschall kann in normalen Produktionsumgebungen genutzt werden, da Produktionslärm keinen Einfluss auf die Messungen hat.
- Fortschritte der Ultraschall-Messgeräte, sowie der Software verbessern die Anlagenverfügbarkeit sowie die Diagnostik.
- Ultraschall kann eigenständig oder auch als Ergänzung zu bestehenden Inspektionstechnologien genutzt werden, um eine Vielzahl von Anwendungen abzudecken.
- Die Investition in Ultraschall zahlt sich schnell aus, da eine Quantifizierung der Verluste (€) in Druckluft- und Gassystemen vorgenommen werden kann.